Sammelgebiet Berlin
Weltgeschichte, Spannungsgebiet der besonderen Art, Zankapfel, unsere Hauptstadt.
Nachdem Deutschland 1945 die Kapitulation erklärte, wurde es unter den Siegermächten, den Vereinigten Staaten von Amerika,
Großbritannien, Frankreich und Rußland aufgeteilt. Der Südwesten Deutschlands ging in französische, der Nordwesten in
britische, der Südosten in amerikanische sowie der Nordosten in russische Verwaltung über. Einzig die ehemalige
Reichshauptstadt Berlin erfuhr nochmals eine interne Aufteilung unter den Siegermächten.
Während Rußland sich zur spaltenden Besatzungsmacht entwickelte und letztendlich die DDR begründete, wandelten sich
die drei übrigen Besatzungsmächte zu Schutzmächten, dies in ganz besonderem Maße für Berlin, und begründeten somit
unter anderem dort ein Gebiet mit eigenen Briefmarkenausgaben, das dank des Schutzes durch unsere Freunde
(siehe Luftbrückenstempel) 43 Jahre Bestand hatte.
43 Jahre, in denen 879 schöne und spannende Briefmarken sowie eine Automatenmarkenserie verausgabt wurden.
Briefmarken, die die Geschichte dieser Jahre, dieser Stadt widerspiegeln, den Kampf gegen das Vergessenwerden
(Werbestempel "Die interessanteste Stadt Europas erwartet Sie), die Schwierigkeiten und die Gefährlichkeit
dieses politischen Brennpunktes, aber auch immer die Verbundenheit mit dem übrigen Deutschland, Europa und der Welt.
Mit dem Fall der Mauer wurde dieses Sammelgebiet mit der Ausgabe "200. Geburtstag von Adolph von Diesterweg" abgeschlossen.
Die ab 1969 ausgegebenen Marken sowie die Dauerserien "Deutsche Bauwerke" groß und klein und "Brandenburger Tor" blieben
bis zum 31.12.1991 gültig; bis zu diesem Tag gab es auch ein Umtauschrecht der gültigen Berliner Marken in
weiterhin gültige BRD-Marken. Wie intensiv dieser Umtausch genutzt wurde, bleibt ein Geheimnis und spannend. Was sich
da getan hat, wird auch in die Entwicklung einfließen und Wirkung zeigen. Wie die aussehen wird? Keine Ahnung.
Wenn man alles zusammen bedenkt, kann man die Zukunft nur mit Spannung erwarten.
Die weiteren Anreize, sich diesem Sammelgebiet zuzuwenden, sind ungeheuer vielfältig und interessant.
Einige davon sind z.B., daß kein anderes deutsches Gebiet unsere Geschichte so unmittelbar und aktuell
berührt wie dieses. Die meisten von uns haben "Westberlin" noch direkt erlebt, sehr viele den Nervenkitzel
des Grenzübertritts noch in Erinnerung. Das Gebiet ist überschaubar und, von wenigen Ausnahmen abgesehen,
finanziell erschwinglich - und bietet jede Menge Besonderes.
Abgesehen von der Sammelart "einmal-jede-Michel-Nummer-postfrisch-im-Vordruck-Album", die ein absolutes Überangebot
"gleicher", postfrischer, rand- und profilloser Normalmarken schuf, ist Berlin eher geheimnisvoll. Wie ist die
Top-Qualität im Bereich der Spezialitäten zu bewerten, wie die Briefe, wie die voll- und gleichzeitig berlingestempelten
Varianten? Was an Material ist echt vorhanden? Die Kataloge bieten hierzu nicht wirklich Hilfe, täuschen eher den
leichtgläubigen, die Katalogpreise gebannt verfolgenden Sammler, der sich dann schon gerne mal reich rechnet.
Die sagen z.B., die Jahrgänge 1980 bis 1990 hätten einen Katalogwert von rund € 640,--. Versteigert wurden diese
11 Jahrgänge kürzlich im Internet für sage und schreibe € 20,50, Postpreis war DM 264,35, also € 135,00! Das sind
gerade mal knapp über 3 % vom Michel, oder 15,2 % von Kapitaleinsatz, oder ca. 85 % Verlust! Und gerade eben ging
eine Auktion zu Ende: Jahrgänge 1960 - 1990 postfrisch und komplett für 41,05! ETB 1975 bis 1990 (Katalogwert über 500,--)
kosteten dort € 45,05. Komplette gestempelte Jahrgänge ab 1955 bis 1990 werden überwiegend gar nicht gekauft, nicht mal
für einen Euro! Das bezieht sich jedoch nur auf die nackten und randlosen Postfrischen und auf gebrauchte Marken,
mit überwiegend fragmentartigen und auf keinen Fall prüfbaren Stempeln, auf Ersttags- und Versandstellenstempel - und
auf Bundgestempelte.
Berliner Vollstempel (eingeschränkt auch Berlin-12-Stempel aus dem "normalen Postgebrauch), zeitgerecht gestempelt,
und auch postfrische Ausgaben, die Letzteren jedoch nur mit Besonderheiten, Formnummern, Hausauftragsnummern,
Papierunterschiede, Unterschiede in der Gummierung, Druckfehler aller Art und viele Markenheftchen und
Zusammendrucke, jedoch gehen weg wie "warme Semmeln". Hier liegt der Verkaufspreis auch gerne mal beim mehrfachen
des Katalogpreises.
Dies alles realistisch zu erfassen und zu bewerten ist für einen Katalogherausgeber sicher eine Mammutaufgabe.
Ich meine aber, daß nur der eindeutige und klare Hinweis auf Sammelwürdiges und nicht Sammelwürdiges an Hand einer
eindeutigen Bewertungsscala, unserem Hobby wieder Zukunftsaussichten verschaffen kann. Und das muß mit einem
entsprechenden Sammlerverhalten einher gehen, er sollte durch sein Verhalten klare Vorgaben machen, zeigen,
was "IN" ist und klar sagen, was er erwartet.
Es müssen klare und eindeutige "Spielregeln" geschaffen werden, die verhindern, daß von der großen Zahl interessierter
(aber nicht informierter) und solchen, die es probieren, nur ein so geringer Teil beim Briefmarkensammeln bleibt -
von denen dann, zumindest nach heutigen Voraussetzungen, sich viele weitere irgendwann enttäuscht abwenden. Jeder
einzelne aber könnte Sammelwürdiges verknappen und so unserem Hobby zu mehr Spannung verhelfen.
Berlin