Berlin-Briefmarken
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Frage:
24.06.2019
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Hallo Herr Köpfer,
durch Zufall stieß ich heute auf die DBZ 01/2008. Auf Seite 23 wird berichtet, dass ein mit 5M stark überfrankierter Ersttagsbrief vom Berliner Postschnelldienst mit der Michelnr. 20 bei Schlegel mit 1000 Euro Ausruf nicht verkauft wurde. Die Vermutung des Autors: weil überfrankiert. Ich erinnerte mich daran, erst vor einigen Tagen einen 5M FDC vom Postschnelldienst in meine Auktionsergebnisdatenbank aufgenommen zu haben. Und tatsächlich: Das Foto zeigt,es ist der selbe Brief, der 2008 für 1000 Euro (und damit auch für die üblichen 10-20% Untergebot für 800-900 Euro) unverkauft blieb. Am 17.05.2019 beim Württembergischen Auktionshaus für knapp 3965 Euro inkl. Aufgeld verkauft. Das nenne ich doch mal eine Wertsteigerung.

Gleichzeitig geht der Preisverfall selbst bei sehr sauber gestempelter "Standardware" weiter. Gestern erhielt ich eine komplette gestempelte Sammlung Berlin in 2 Vordruckalben für 880 Euro. Die allermeisten Marken sind der üblichen Versandstellenstempelschrott mit umgeknickten Eckrändern. Aber auf den ersten Seiten des Vordruckalbums fanden sich ein perfekt gestempelter Satz Schwarzaufdrucke mit Fotoattest (500-600 Euro), Block 1 ESST mit Fotoattest (500-600 Euro) und 68-70 im Oberrand mit zentrischem Orts-Vollstempel und BPP Signatur (130-160 Euro). Bei den Schwarzaufdrucken war notiert, dass der vorherige Besitzer den Satz irgendwann mal bei Viennafil für 3000DM erwarb. Für den für mich uninteressanten ESST Block 1 und die Restsammlung ohne die drei genannten Ausgaben dürften sich 600 Euro erlösen lassen. 68-70 fehlten mir in der Qualität und ich wäre bereit gewesen, bis zu 160 Euro zu zahlen, so dass
ich einen perfekt gestempelten Satz Schwarzaufdrucke mit ehemaligem Kaufpreis von 1500 Euro jetzt effektiv für 100 Euro bekam. Lag sicher auch etwas am Anbieter, der die Sammlung schlecht betitelte, im Sommer bei eBay verkaufte und die Spitzen nicht auslöste und separat verkaufte. Trotzdem gäbe es selbst auf namhaften Auktionen für den Satz höchstens noch 40% des ehemaligen Kaufpreises.

Herzliche Grüße
Thomas
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Ich bekomme immer wieder Anfragen, ob ich Wege kenne, wie die ererbte Briefmarkensammlung verkauft werden könnte. Aus den Formulierungen solcher Mails ist dann immer sofort erkennbar, dass vor mir schon andere befragt - und, das ist der Punkt, die sammelwürdigen Teile bereits "ausgesucht" wurden. Die restlichen 99 % solcher Sammlungen sind "Schrott".

Die Erben, die solchen Beurteilungen skeptisch gegenüber stehen, suchen andere Wege, bei denen sie trotz mangelndem Wissen glauben, es z.B. über ebay anders, vor allem besser hinzukriegen.
Das wäre möglich, würde man die guten Marken einzeln / satzweise anbieten, geht aber logischerweise auch schief, weil das Fachwissen fehlt. Und die Sammlung als Ganzes anzubieten mißlingt, weil dort Gebote über € 1.000,-- eher die Ausnahme sind und man ohnehin der Qualität von kompletten Sammlungen (berechtigterweise) skeptisch gegenüber steht. Wenn man dann allerdings als Bieter das Glück hat, eine qualitativ hochwertige Sammlung zu erstehen, hat man, im Gegensatz zum Verkäufer, Glück gehabt.

Es ist meiner Meinung nach ohnehin eine derbe Bestrafung von Hinterbliebenen (kann ja Sinn machen), ihnen eine solche Briefmarkensammlung zu hinterlassen, wenn man sich mal überlegt, welches Detailwissen hinter einer solchen Sammlung steht, von dem der Rest der Familie keine Ahnung hat.

Spätestens bei solchen Überlegungen stoßen auch und vor allem die Sammler an ihre Grenzen, die vorgeben, Briefmarken nur aus Idealismus und nicht aus wirtschaftlichen Gründen zu sammeln.

Bei alledem ist natürlich zu beachten, dass Biefmarken nur einen festen Wert haben, solange sie gültig sind. Das Beispiel Deutschland zeigt, dass Postunternehmen recht willkürlich mit dem Kapital ihrer Kunden umgehen, Die Folgen sind sattsam bekannt und betrafen fast alle Sammler. Und bei den Sammelstücken, die dann noch einen Wert darstellen, gilt natürlich die Regel von Angebot und Nachfrage, gepaart mit Wissen oder Unwissen, womit auch hier der Willkür Tür und Tor geöffnet sind. Extreme Ausschläge bei ein und demselben Objekt nach oben und / oder nach unten, auch im häufigen Wechsel, sind die Regel, also nie eine dauerhafte Wertschätzung.

Empfehlung an den Sammler: Quantität ist kontraproduktiv, Qualität jedoch Grundanforderung.